Carl Peters und sein Geburtsort Neuhaus/Elbe
Der Zweck der Kolonialpolitik „ist und bleibt aber schließlich die rücksichtslose und entschlossene Bereicherung des eigenen Volkes
auf anderer schwächerer Völker Unkosten.“ (Aus: Kolonialpolitik und Sozialismus. II. In: Kolonial-Politische Correspondenz. 2. Jg., Nr. 3 - 1886-01-16, S. 1 - Autor wahrscheinlich Carl Peters)
Oder mit leicht moderateren Worten:
„Kolonisation, ganz gleichgültig, ob es sich um Plantagen oder Ansiedlerkolonien handelt, heißt Nutzbarmachung des Bodens, der Schätze, der Flora und Fauna und vor allem der Menschen zu Gunsten der Wirtschaft der kolonisierenden Nation, und diese ist dafür mit der Gegengabe ihrer höheren Kultur, ihrer sittlichen Begriffe, ihrer besseren Methoden verpflichtet.“
(Bernhard Dernburg im Deutschen Reichstag, 1908-03-18. 125. Sitzung, S. 4056)
Nach der Neuerrichtung des Peters-Steins 1995 verstummt die Diskussion natürlich nicht - schon deshalb nicht, weil immer mal wieder die Ergänzungstafel geklaut wird, die man dann wieder neu hinstellt.
199520092021-04 2023-10
Seit 2020 hat die Debatte nun etwas an Fahrt aufgenommen: 2020-07-09: Die Schweriner Volkszeitung
verkündet: „Gemeinde Amt Neuhaus setzt sich im Zuge der aktuellen Rassismus-Debatte
kritisch mit dem Denkmal für Carl Peters auseinander“ und zitiert den neugewählten Bürgermeister
Gehrke: „Wir sind noch ganz am Anfang.“ 2020-09-15: Kurz drauf findet sich eine Gruppe aus dem Umfeld des Gemeinderates
zusammen und beantragt 900 EUR für „Kosten einer
öffentlichen Veranstaltung und der Erstellung von Informationen“ zu Carl Peters beim Gemeinderat.
Etwas weniger wird bewilligt, aber nie abgerufen. 2020/21 lädt die Gruppe dreimal ausgewählte Leute zu Gesprächen ein. 2021-11-04: Die im Gemeinderat vertretenen Parteien CDU, FDP und DIE LINKE
beantragen: „- Der Stein wird umgedreht, so dass die Inschrift nicht mehr zur Lüneburger Straße
weist.
- neben dem Carl-Peters-Stein wird eine dauerhafte Erläuterungstafel angebracht mit folgendem Text:
Dieser Stein erinnert an Carl Peters, der mit Betrug und Gewalt die Kolonie Deutsch-Ostafrika begründete.
Wir distanzieren uns von den Verbrechen, die von deutschen Kolonialisten begangen wurden. Kolonialismus
und Rassismus dürfen keinen Platz mehr finden, niemals mehr und nirgendwo.
Gemeinde Amt Neuhaus / Ev.-luth. Kirchengemeinde Neuhaus“ 2021-12-09: Der Gemeinderat verweist den Antrag an den Ausschuss für Schule,
Jugend, Soziales, Kultur und Integration 2022-03-15: Der Ausschuss für Schule ... beschließt:
„Die Verwaltung wird beauftragt einen entsprechenden Arbeitskreis einzurichten.“ 2022-08-23: In seiner zweiten Sitzung beschließt der „Arbeitskreis Carl Peters“,
Gemeinderat und Kirchenvorstand folgenden Text für eine Ergänzungstafel vorzuschlagen: „Dieser 1931 von nationalistischen, vaterländischen Gruppierungen und Nationalsozialisten
errichtete Stein erinnert an Carl Peters, der in diesem Haus 1856 als Sohn des Pastorenehepaares Carl
und Elise Peters geboren wurde.
Mit Betrug und Gewalt begründete er die Kolonie Deutsch-Ostafrika Ende des 19. Jahrhunderts.
Wir verurteilen zutiefst die Verbrechen, die von deutschen Kolonialisten begangen wurden.
Kolonialismus und Rassismus dürfen keinen Platz mehr finden, niemals mehr und nirgendwo.
Gemeinde Amt Neuhaus & Ev.-luth. Kirchgemeinde Neuhaus“ 2022-09-13: Der zuständige Ausschuss für Jugend, Schule etc. befasst sich
mit dem Entwurf des Arbeitskreises. Der Text findet aber keine Mehrheit: (1/1/2) 2022-09-29: Der Gemeinderat beschließt dennoch, den Text-Entwurf des
Arbeitskreises auf einer Tafel neben dem Gedenkstein zu präsentieren.
Für den 25. April 2025 rufen Kirchenvorstand und Gemeinderat gemeinsam zu einer
Diskussionsveranstaltung auf.