Auf Carl Peters **)
[S. 209-215]
I.
(Feſtlied für den Carl Peters-Kommers der Deutſchen Kolonialgeſellſchaft, Abteilung Berlin, vom 27. September 1890.)
Dir ſei ein donnernd Hoch gebracht,
Karl Peters, der in Sturm und Nacht
Sich treu bewährt und wiederkehrt
Vom heißen Süden unverſehrt,
Der, auch verkannt
Vom Vaterland,
Zu ihm in feſter Treue ſtand.
Du trotzteſt Englands Tyrannei
Allein, verfehmt und vogelfrei,
Und die Verzagtheit gab dich preis,
Der Neid verfolgte dich mit Fleiß;
Doch vor die Welt
Zum Kampf geſtellt,
Da zeigt ſich erſt der wahre Held.
Kein Menſch erſah, kein Menſch erfuhr
Vor dir des Tana Lauf und Spur,
Woher er rann, woher er quoll,
Geheimnisdüſter, rätſelvoll? –
Dir tat ſich kund
Der ſtumme Mund,
Der Urwaldſeele tiefſter Grund!
Du ſahſt vom Tropenwald umlaubt
Des Kenia eiſig Doppelhaupt,
Zu deſſen keuſchem Sitz ſich ſtahl
Der Aar nur und der Sonnenſtrahl;
Dich bannte nicht
Sein Zauberlicht,
Denn vorwärts trieb dich deine Pflicht.
Wo des Baringo Silberſchild
Um die ſmaragd’nen Inſeln ſchwillt;
Wo der Nyanza drängt zum Ziel,
Hinabgeriſſen in den Nil:
Da hielt nicht auf
Den Siegeslauf
Berg, Wald und Strom und Feindeshauf.
Wohl ſtand mit zehnfach ſtärkrer Schar
Der Brite ſcheuend die Gefahr,
Und der Amerikaner bog
Ab’ von der Straße, die er zog;
Doch vor drangſt du
Und bracht’ſt im Nu
Uganda mit dem Schwert zur Ruh.
Von allen Völkern will und ſchnell
Das wildeſte war dir Geſell;
Da lernte, wer den Krieg begann,
Die Achtung vor dem deutſchen Mann.
Du zahlteſt gut
Mit ihrem Blut
Selbſt den Wagogo den Tribut.
Und ward dir Emin auch entrückt,
Dem du erſt ſpät die Hand gedrückt,
Wird doch dein Streben groß und rein
In Deutſchland nicht vergeſſen ſein:
Denn deine Hand
Sie wob das Band,
das uns vereint mit Helgoland.
Anmerkungen. [S. 283f]
**) Die Lieder auf Karl Peters (Seite 209) hat der Verfaſſer wiedergegeben, weil ſie zeigen, wie begeiſtert die Kolonialfreunde damals für dieſen Mann geweſen ſind, der zurzeit vom Schauplatz abgetreten iſt. Der Begeiſterung folgte bekanntlich eine Gegenſtrömung, die ihn hinweggeſpült hat. Sicher mit Unrecht! Man mag über Peters denken wie man will: Seinem Vaterlande war er ein treuer Diener, und den Beſitz von Deutſch-Oſtafrika verdanken wir in erſter Linie ihm. Sein Verluſt iſt für uns unerſetzlich; denn er ſtellt ein Ideal dar, deſſen Vertreter ihrem Vaterlande äußerſt nützlich ſind und gerade uns Deutſchen am nötigſten wären. In England findet ſich ſeine Verkörperung häufiger, am ausgeſprochenſten bei Cecil Rhodes, uns fehlt ſie aber gänzlich bis auf die eine Ausnahme von Karl Peters; deſſen Mutter war übrigens eine Engländerin. Schade, daß dieſer geniale Kopf uns verloren gehen mußte.
aus: Kurt Hoffmann,
Deutſche Lieder und Geſänge. Dresden 1905